Fotografieren – was bedeutet das eigentlich?

Doch mehr, als das Suchen mit dem Sucher oder das Zoomen mit dem Zoom. Mehr, als das Aufsetzen eines Objektivs oder das bloße Umhängen einer Kamera.

Für mich bedeutet fotografieren: Mein Hals ist das verlängerte Stativ, an dessen Ende mein Kopf, die Kamera befestigt ist. Meine Augen erfüllen gleich drei Zwecke: Sie sind Sucher, Zoom und Fokus in einem. Ständig in Bereitschaft, bereit für den Moment der Momente.

Wenn der Sucher findet, der Zoom dazu aufrückt und der Fokus scharf stellt. Wenn das Herz beginnt schneller zu schlagen, das Blut in den Adern zur wogenden See wird, das Adrenalin einen tosenden Sturm in den Ohren erzeugt, wenn die Hand nach der Kamera greift und im Moment der Berührung ein leises „Klick“ entsteht, weil sich zusammenfügt, was zusammen gehört.

Dann ist er da! Der Moment der Fotografie! Und das Leben steht still! Für einen Moment, wie ein Lidschlag oder das kurze Aufleuchten eines Blitzes. Dann ist es da! Das Foto in all seiner Magie, das kleine Dinge so groß erscheinen lassen kann und Unbedeutsames so bedeutsam, das Augen öffnen kann für das Unerkannte, das Betrachter die Welt mit meinen Augen sehen lässt.

Nur ein Bruchteil meines Lebens, gebannt auf ein Foto und doch so viel mehr. Denn all diese Momente haben sich als Negative in mein Herz gebrannt, für immer, unauslöschlich.

Und als der Rauch sich verzog, erkannte ich , was aus der Asche auferstand: Meine Liebe zur Fotografie.


Natascha Leng